Biotransformationen von Nitrilen und Amiden
Organische Nitrile der allgemeinen Struktur „R-CN“ sind synthetisch leicht zugänglich und finden in der chemischen Industrie als Bausteine für weiterführende Synthesen vielfältige Verwendung. Es wird daher im Rahmen unserer Untersuchungen nach Mikroorganismen oder Enzymen gesucht, die einfach zu synthetisierende Nitrile durch chemo-, regio- und enantioselektive Reaktionen zu höherwertigen industriell relevanten Produkten umsetzen. Die enzymatische Nitril-Hydrolyse erfolgt entweder durch Nitril-Hydratasen zu den korrespondierenden Amiden oder durch Nitrilasen zu den Carbonsäuren. Hierdurch sind durch enantioselektive enzymatische Hydrolysen sowohl optisch aktive Carbonsäuren als auch Carboxamide zugänglich.
Im Rahmen unserer Untersuchungen wurden zahlreiche Anreicherungen durchgeführt, in denen unterschiedliche Nitrile oder Amide als alleinige Stickstoffquelle in Gegenwart eines energieliefernden Hilfssubstrats angeboten wurden. Es zeigte sich, dass das verwendete Selektionsprinzip eine Vielzahl neuartiger nitrilverseifender biologischer Systeme erschließt (Layh et al. 1997; Rustler et al., 2007). In diesen Untersuchungen wurde der Schwerpunkt zunächst auf die Synthese optisch reiner alpha-Arylpropionsäuren gelegt, die als sogenannte Profene (z.B. Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen) eine große kommerzielle Bedeutung als nichtsteroidale entzündungshemmende Agenzien besitzen. Im Falle der Profene besitzt jeweils nur eines der Enantiomere die pharmakologische Wirkung. Es gelang bei diesen Untersuchungen, einen Bakterienstamm zu isolieren, der aus einer razemischen Vorstufe mit Hilfe eines Nitril-Hydratase/Amidase-Systems fast ausschließlich das gewünschte Enantiomer der Profene produzierte (Layh et al., 1992, 1994, 1995; Bauer et al., 1994).
In weiteren Arbeiten wurde die für die enantioselektive Reaktion verantwortliche Amidase gereinigt und charakterisiert, sowie das kodierende Gen molekularbiologisch charakterisiert und effiziente Expressionssysteme konstruiert (Hirrlinger et al., 1996; Trott et al., 2002). In weiteren Arbeiten konnte in Zusammenarbeit mit dem Institut für Organische Chemie der TU Delft gezeigt werden, dass verwandte Nitril-Hydratase-Amidase-Systeme auch zur Darstellung optisch aktiver Aminosäureamide aus Aminonitrilen eingesetzt werden können (Wegman et al., 2000, 2001).In den letzten Jahren wurden verstärkt Untersuchungen mit bakteriellen Nitrilasen durchgeführt. Hierbei wurden eine Reihe von Nitrilasen aus unterschiedlichen Bakterienstämmen kloniert (Heinemann et al., 2003a,b; Kiziak et al., 2005; Kaul et al., 2007) und am Beispiel einer Nitrilase aus Pseudomonas fluorescens u.a. durch Herstellung verschiedenster Mutanten die molekularen Grundlagen für die Chemo- und Enantiospezifität bakterieller Nitrilasen analysiert (Kiziak et al., 2005, 2007; Kiziak & Stolz, 2009; Fernandes et al., 2006).
Im Rahmen eines gemeinsamen Projekts mit der TU Delft wurden in-vitro und in-vivo gekoppelte Enzymsysteme aus einer pflanzlichen Oxynitrilase und der Nitrilase aus P. fluorescens entwickelt und für die Synthese optisch aktiver Hydroxycarbonsäuren eingesetzt (Mateo et al., 2006; Sosedov et al., 2009, 2010).
Publikationen zur Biotransformation von Nitrilen und Amiden
Weitere Arbeitsgebiete:
Analyse und Veränderung ringspaltender Dioxygenasen
Biodegradation von Azofarbstoffen und sulfonierten Aromaten